Beendigung von Gastschulverhältnissen während dem Schuljahr

Gastschulverhältnis soll im laufenden Schuljahr beendet werden

In sehr seltenen Ausnahmefällen kann es zu unvorhersehbaren Problemen an den gastweise besuchten Schulen kommen. So verhielt es sich bei einem Gastschulverhältnis, über welches kürzlich das Verwaltungsgericht München entschieden hat (Beschluss vom 06.05.2021 – M 3 E 21.1933). Die Eltern wollten unbedingt, dass ihr Kind die Gastschule noch während des laufenden Schuljahres verlässt.

 

Ich kenne persönlich keinen Fall, in dem Eltern ein Gastschulverhältnis schnellstmöglich beenden wollten. Da ich mich aber regelmäßig beruflich mit dem Thema Gastschulantrag zu befassen habe, bin ich auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München gestoßen. Die Entscheidung möchte ich Ihnen nun erläutern. Sie ist auch interessant, weil sie zeigt, wie und mit welchen Argumenten die Schulbehörden eine fachärztliche Empfehlung quasi ignoriert haben.

Warum wollten die Eltern die Gastbeschulung beenden?

Es gelang nicht, das Kind, welches Asperger-Autist ist, erfolgreich in die Gastschule zu integrieren. Es kam zu einigen „unglücklichen Vorfällen“. Unter ihnen litt der Schüler erheblich und nicht nur kurzfristig. Deshalb kamen die Eltern zu der Überzeugung, dass die Gastschule keine adäquate Inklusion ihres Kindes bewirken kann.

 

Ein den Schüler behandelnder Diplompsychologe beurteilte den Vorgang folgendermaßen: Das Vertrauen des autistischen Kindes in die Gastschule inklusive deren Umfeld sei dauerhaft gestört. Gerade bei Kindern mit der Diagnose Asperger-Autismus sei Routine und Verlässlichkeit allerdings extrem wichtig. Zum Wohle des Kindes sei eine Beendigung der Gastbeschulung noch während des laufenden Schuljahres zwingend geboten

 

Er empfahl also einen Schulwechsel - weg von der Gastschule - in die ursprünglich vorgesehene Schule (Sprengelschule). 

Argumente der Schulbehörde gegen eine Beendigung des Gastschulverhältnisses

Die zuständigen Behörden lehnten den Antrag auf Aufhebung des Gastschulverhältnisses aus verschiedenen Gründen ab. Sie führten insbesondere organisatorische Aspekte an. Für den Schulwechsel bedürfe es einer Vorlaufzeit. Die Beständigkeit des Gastschulverhältnisses sei angeblich für alle Beteiligten bedeutsam. Von daher sei ein Wechsel erst zum neuen Schuljahr geboten.

 

Darüber hinaus bezweifelten sie die Relevanz bzw. Qualität der fachärztlichen Stellungnahme. Sie legten Maßstäbe zugrunde, die für den Nachweis von Traumatisierungen bei Asylbewerben gelten. Ferner wurde behauptet, dass die Eingewöhnung in einen anderen Klassenverband während des laufenden Schuljahres eine höhere Belastung für den autistischen Schüler darstellt.  

Anspruch auf Beendigung des Gastschulverhältnisses

Das Verwaltungsgericht bejahte einen Anspruch auf Widerruf des Gastschulverhältnisses. Im Zuge des Eilverfahrens nahm es eine Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und denen des Schülers vor. Im Ergebnis gewichtete es die Interessen des Schülers als bedeutender.  

 

Das Gericht ging davon aus, dass das Verhältnis von der Gastschule und dem autistischen Schüler sehr belastet war. Weiterhin führte es aus, dass die Stellungnahme des Psychologen durchaus zu berücksichtigen sei. Diese genüge den Anforderungen im Bereich des Schulrechts. Die Schulbehörde hatte hingegen auf Erfordernisse abgestellt, die das Bundesverwaltungsgericht im Bereich Asylrecht aufgestellt hat. 

 

Hinsichtlich des organisatorischen Aufwandes sei zu berücksichtigen, „dass der Regelung der Sprengelpflicht die Erwartung des Gesetzgebers zugrunde liegt, dass Grundschulen auch während des Schuljahres neue Schüler aufnehmen können“.  

 

Allein die vorgenannten Gründe waren bereits ausschlaggebend. Ergänzend verwies das Gericht noch auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Schulalltag. Die diesbezügliche Argumentation ist aber auch auf Gastschulverhältnisse übertragbar, die lediglich kurze Zeit andauern: 

 

Die Präsenzanwesenheit zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung betrug nur 20 Tage. Hieraus folgerte das Verwaltungsgericht München, dass die Vertrautheit in die Klasse der Gastschule nicht übermäßig gefestigt sein konnte. Eine Anpassung an eine andere Klasse und Lehrkräfte sei deshalb verkraftbar.

 

Darüber hinaus führe der damalige pandemiebedingte Wechsel- bzw. Distanzunterricht dazu, dass der Klassenstärke der Sprengelschule kein hohes Gewicht zukommt. Anders könne es sich allerdings im Regelbetrieb verhalten.

Abschließende Anmerkungen zur Beendigung von Gastschulverhältnissen

Es wird immer wieder dazu kommen, dass Kinder mit Problemen in Gastschulen konfrontiert sind. Auch bei gesunden Kindern kann etwa erhebliches Mobbing dazu führen, dass der Besuch einer Gastschule für das restliche Schuljahr unzumutbar ist.  

 

Wenn Gastschulverhältnisse also mit einer übermäßigen und länger anhaltende Belastung einhergehen, kann es angebracht sein, sie zu beenden. Der damit verbundene organisatorische Aufwand dürfte dazu führen, dass Schulen und Schulamt diesbezüglich öfters eine ablehnende Haltung einnehmen.  

 

Wenn es aber für das Wohl eines Kindes bedeutend ist, ein Gastschulverhältnis zu beenden, stehen die Chancen grundsätzlich gut, noch während dem laufenden Schuljahr an eine andere Schule zu wechseln. Gerne sind wir Ihnen bereits im Rahmen der Antragstellung behilflich. Dies ist insbesondere ratsam, falls Sie bereits im Vorfeld den Eindruck erlangen, dass die Schulverwaltung für Ihr Anliegen nicht zugänglich ist.

 

Mit einem gut begründeten Antrag lässt sich ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren oftmals vermeiden. Als Anwalt betreue ich bundesweit Mandanten im Bereich Schul- und Hochschulrecht. Gerne berate ich Sie zu allen Fragen rund um Gastschulverhältnisse.