
Ein aktueller Fall vor dem Verwaltungsgericht Weimar (Beschluss vom 24. Juli 2024, Az. 2 E 1317/24 We) bringt eine wichtige Klärung: Wenn an einer Schule Kapazitäten in einer höheren Klassenstufe vorhanden sind, besteht ein Anspruch auf Aufnahme. Eine Ablehnung kann nur dann erfolgen, wenn es mehr Bewerber als verfügbare Plätze gibt – und auch dann muss eine sachgerechte Abwägungsentscheidung getroffen werden.
Besonders erfreulich: Das Thüringer Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 30. Juli 2024, Az. 4 EO 357/24) bestätigte diese Entscheidung zugunsten unserer Mandanten später trotz der Beschwerde des Schulamts.
Keine Anwendung von § 15a ThürSchulG auf höhere Klassenstufen
Die Entscheidung ist für viele Eltern von Bedeutung, denn häufig lehnen Schulen Aufnahmeanträge mit dem pauschalen Verweis auf ihre begrenzten Kapazitäten ab, ohne eine sachgerechte Prüfung vorzunehmen. Dabei ist in § 15a ThürSchulG ausdrücklich geregelt, dass Auswahlentscheidungen nur für die Aufnahme in die erste und fünfte Jahrgangsstufe getroffen werden dürfen.
Für alle anderen Klassenstufen fehlt eine solche Regelung. In diesen Fällen muss nach § 24a Abs. 1 ThürSchulG die Schulleitung die Aufnahmeentscheidung treffen – allerdings nicht nach Belieben. Vielmehr gilt, dass:
- Ein Aufnahmeanspruch besteht, wenn Plätze vorhanden sind.
- Eine Ablehnung nur bei Kapazitätsmangel durch eine begründete Abwägungsentscheidung erfolgen kann.
- Pauschale Ablehnungen ohne sachliche Prüfung rechtswidrig sind.
Was bedeutet das für Eltern?
Diese Klarstellung ist für zahlreiche Eltern relevant, die aus berechtigten Gründen einen Schulwechsel für ihr Kind anstreben. In der Praxis werden Anträge jedoch häufig mit der Begründung abgelehnt, dass für das Kind ja „ein Schulplatz vorhanden“ sei – allerdings an einer anderen Schule. Das Verwaltungsgericht Weimar hat nun deutlich gemacht: Das allein reicht als Ablehnungsgrund nicht aus.
Ein Beispiel:
Eine Familie möchte ihr Kind von einer Schule wechseln lassen, weil dort erhebliche Probleme mit Mobbing bestehen oder eine angemessene Förderung nicht erfolgt. Die aufnehmende Schule lehnt den
Antrag ab, mit dem Argument, das Kind habe ja bereits einen Schulplatz. Nach der aktuellen Entscheidung ist ein solcher pauschaler Ablehnungsbescheid
rechtswidrig. Die Schule muss eine sachgerechte Ermessensentscheidung treffen und darf sich nicht allein auf formale Aspekte zurückziehen.
Relevanz für Schulämter und Schulen
Auch für die Schulämter hat diese Entscheidung weitreichende Bedeutung. Immer wieder kommt es vor, dass Schulen sich weigern, neue Schüler aufzunehmen, obwohl freie Kapazitäten vorhanden sind. In einem anderen Fall, den unsere Kanzlei außergerichtlich begleitete, argumentierte eine Grundschule fälschlicherweise, dass der Wechsel des Kindes nicht notwendig sei, weil es bereits an einer anderen Schule angemeldet sei. Dabei wurde jedoch:
- Die Kapazität der aufnehmenden Schule gar nicht geprüft.
- Unzulässigerweise auf die Meinung der derzeit besuchten Schule abgestellt.
- Die gesetzlichen Vorgaben zur Schulaufnahmeentscheidung ignoriert.
Die Schule hatte sich bei der Ablehnung auf falsche Maßstäbe gestützt. In unserer rechtlichen Stellungnahme an die Schule machten wir deutlich, dass:
- Das Verwaltungsgericht Weimar klargestellt hat, dass bei freien Kapazitäten ein Aufnahmeanspruch besteht.
- Eine Ablehnung nur bei Bewerberüberhang erfolgen kann – und auch dann nur mit einer nachvollziehbaren, willkürfreien Entscheidung.
- Die Schule selbst die Aufnahmeentscheidung trifft, nicht das Schulamt oder eine andere Schule.
Diese Argumentation setzte sich letztlich durch, sodass die Schule den fehlerhaften Ablehnungsbescheid aufhob und das Kind aufnahm.
Was Eltern tun können
Falls ein Schulwechsel abgelehnt wird, stehen Eltern verschiedene rechtliche Schritte offen:
- Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen.
- Härtefallgründe oder besondere Umstände darlegen.
- Auf eine ordnungsgemäße Prüfung durch die Schule bestehen.
- Einstweiligen Rechtsschutz beantragen, wenn eine schnelle Entscheidung notwendig ist.
Das Verwaltungsgericht Weimar hat in unserem Fall den Eilrechtsschutz nur wenige Tage vor Schuljahresbeginn gewährt. Dies zeigt, dass schnelles Handeln entscheidend sein kann, wenn es um die Zukunft eines Kindes geht.
Fazit
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Weimar stärkt die Rechte von Eltern und Schülern erheblich. Sie macht deutlich, dass Schulen nicht willkürlich über Aufnahmeanträge entscheiden können. Bei freien Kapazitäten besteht ein Anspruch auf Aufnahme, und Ablehnungen müssen sachlich begründet sein.
Die Rechtsanwaltskanzlei Holstein hat bereits zahlreiche Familien in vergleichbaren Verfahren erfolgreich vertreten. Falls Sie Fragen zur Schulplatzvergabe oder zur rechtlichen Durchsetzung eines Schulplatzes haben, stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
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